18. Jul, 2021

Die Saat und die Blumen

Irgendwie schon spannend, wie uns das Leben laufend zeigt, wie alles funktioniert und zusammenhängt und uns Bilder schenkt, um das Leben besser zu verstehen.

Für mich sind meine Blumen auf meinem Balkon derzeit solche Lehrer. Sie sind Lehrer, weil sie so absolut anschaulich zeigen, wie es funktioniert, wenn ein Samen irgendwann mal in die Erde geplatzt wurde. Ihr denkt jetzt vielleicht, das ist ja klar, dass der Samen, wenn man ihn richtig hegt und pflegt, sich irgendwann in eine schöne Blume verwandelt. Doch für mich ist das derzeit ein kleines Wunder. Denn diese Samen habe ich nicht in diesem Jahr gepflanzt, sondern im letzten. Im letzten Jahr waren diese Blumen wunderschön, jedoch war ich zu faul, im Herbst alle Töpfe auszuleeren. Ich habe lediglich die Blumen entfernt und die Töpfe standen zusammen mit der alten Erde den ganzen Winter über einfach bei Wind und Wetter ungeschützt auf meinem Balkon.

Eigentlich wollte ich dann im Frühling die Töpfe endlich ausleeren und neue Blumen anpflanzen. Doch auch dazu war ich irgendwie zu faul und dachte mir, dass ich diese Saison einfach drauf verzichte, Blumen auf dem Balkon zu haben.

Doch plötzlich passierte das Wunder und in den alten Töpfen begann (einfach so) wieder neues Leben. Und laufend kommen neue Blumen dazu. Sie sind wunderschön und strahlen um die Wette.

Mir haben diese Blumen zu denken gegeben. Denn auf der einen Seite ist es ja wirklich super schön, dass die Saat, wenn sie mal gepflanzt ist, einfach da ist und immer wieder zu blühen beginnt. Sogar dann, wenn wir sie schon vergessen haben und absolut nichts von aussen dazu tun.

Auf der anderen Seite bedeutet das aber ja auch, dass auch die weniger tollen Dinge, die wir irgendwann man (bewusst oder unbewusst) in uns eingepflanzt haben, auch immer noch da sind und in uns wachsen und wuchern – egal ob uns das bewusst ist, oder nicht. Vielleicht sind diese Dinge dann lange Zeit verborgen, jedoch erscheinen sie wieder, wenn die äusseren Verhältnisse dazu gerade passend sind.

Mich haben meine Blumen gerade sehr animiert, bei mir nochmals hinzuschauen. Hinzuschauen, ob bei mir tief drinnen vielleicht auch noch Dinge im Verborgenen wuchern, welche mir vielleicht gar nicht so bewusst sind.

Und ja. Ihr könnt es euch ja sicherlich denken. Es kam gerade so einiges zum Vorschein. Ich bin deshalb echt froh darüber, gibt es schöne Rituale, bei denen man dann diese Dinge nach dem hervorholen und annehmen dann auch wieder los- und entlassen kann. Und das tue ich jetzt.

Und zusätzlich bin ich ganz bewusst bei meinen derzeitigen und künftigen Gedanken, denn diese sind die Saat und entscheiden, welche wundervolle Blume oder welches Unkraut im nächsten Jahr zu blühen beginnt. Und ich will definitiv, dass es wunderschöne Blumen sind! 

www.sandrafinny.ch