6. Mai, 2018

Die Sonne und der Brief

Heute war mein letzter Sonntag hier in der REHA und ich war unendlich dankbar, dass endlich mal wieder die Sonne sich in ihrer Pracht gezeigt hat und ihre Strahlen meinen Körper und meine Seele wärmen konnten. Denn das hatte ich in den letzten Tagen schon sehr vermisst und mein Freund – der Liegestuhl – hat sich glaube ich schon gefragt, ob ich abgereist bin.

Aber wie gesagt, heute habe ich es dafür umso mehr genossen, dort an meinem Lieblingsplatz die Beine hoch zu lagern, den Kuhglocken zuzuhören, mich von der Sonne wärmen zu lassen, den leichten Windhauch zu spüren und die herrliche Aussicht zu bestaunen.

Und wie immer wenn ich auf dem Liegestuhl liege, liess ich auch heute meinen Gedanken freien Lauf. Und heute kreisten sich diese um das „Kommunikations-Thema“, welches auf ganz verschiedene Arten zu mir kam.

Begonnen hat es damit, dass ich eine Nachricht erhielt, in welcher mir etwas mitgeteilt wurde, was eigentlich schon vor ein paar Tagen passierte, man mir jedoch aus - wie es hiess - gesundheitlicher Rücksichtnahme, nicht vorher mitgeteilt hat. - Ich jedoch war darüber ziemlich enttäuscht und hätte mir gewünscht, dass man mir diese Nachricht sofort mitgeteilt hätte und für mich das, eine ganz falsche Rücksichtnahme war.

Weiter beobachtete ich dieses Thema, als eine Gruppe von Menschen zu uns in den Ruhesektor kam und dort lautstark zu Diskutieren begann. Wir anderen auf unseren Liegestühlen, welche ja alle diesen Platz so geniessen, weil dort neben der Aussicht auch die Ruhe so herrlich ist, sahen uns zuerst einfach nur empört an, doch dann packten einige stillschweigend ihre Sachen und verliessen den mittlerweile äusserst lauten Ruheplatz. - Da ich mich jedoch weder ärgern noch vertreiben lassen wollte, stand ich auf, ging zu der Gruppe hin und sagte ihnen, dass sie doch bitte hier im Ruhesektor leise seinen sollten. Sie schauten mich zuerst zwar ganz ungläubig an, nickten dann aber und sagten kein Wort mehr.

Dann kam dieses Thema erneut zu mir, weil ich mit sehr unklaren Aussagen konfrontiert gewesen bin. Das war dann, als ich auf Fragen weder ein Ja noch ein Nein erhielt, sondern entweder um den heissen Brei herum geredet wurde oder „es“ nach einer Frage einfach ganz schwieg.

Und dann drehten sich meine Gedanken noch ein wenig weiter. Denn man kann sich ja auch die Frage stellen, in wie weit die Wahrheit die reine Wahrheit ist und ab wann sich diese verändert. Ich meine damit, gilt die Wahrheit auch noch als Wahrheit, wenn man ein Teil davon - aus welchen Gründen auch immer – einfach weglässt oder verschweigt? – Dazu habe ich eine klare Meinung, merke aber, dass das nicht alle so sehen wie ich...

Zudem beobachte ich wie Menschen sagen: „Oh nein, das kann ich ihm/ihr nicht sagen, das würde ihn/sie verletzen… Und Dinge wie: „Nein, ich getraue mich das nicht zu sagen. Was wird man dann von mir denken“.

Dabei, hey Leute. Es ist doch eigentlich nicht so schwierig, zu sagen was wir denken. Denn reden und auch denken können wir doch alle ganz gut! Es sind doch meistens nur unsere Ängste die uns hemmen - und oft haben wir vor den Reaktionen der anderen und manchmal auch vor unseren eigenen Reaktionen einfach Angst.

Und deshalb finde ich eine Kommunikationsart fantastisch, welche leider viel zu selten mehr benutzt wird: Der Brief. Und nein! Nicht per Computer geschrieben, sondern der von Hand! Dieser hat nämlich den Vorteil, dass ich mich hinsetzen, mir Zeit nehmen und mir wirklich Gedanken zum Thema machen muss. Zudem hat der Brief auch für den Empfänger Vorteile. Es gibt diesem nämlich die Zeit, das Gelesene setzen oder verarbeiten zu können, ohne dass dieser gleich reagieren muss.

Ich habe mich heute auf jeden Fall bei einem heiklen Thema für das Briefeschreiben entschieden und hoffe sehr, dass meine Worte beim Empfänger wohlwollend ankommen und draus später eine gute Kommunikation entstehen kann. – Nein. Ich hoffe es nicht nur, ich bin davon überzeugt. Nun lasse ich nur noch den Brief seine Reise antreten und gehe selbst müde aber zufrieden ins Bett.